Freitag, 14. Juni 2013

Roulette statt Ruhe

Freistaat öffnet Spielbanken am 1. Weihnachtstag


Kirchlich-gewerkschaftliche Allianz für den freien Sonntag kritisiert neue Einschnitte beim Schutz der Sonn- und Feiertage. Aktionen zur Bayerischen Landtagswahl angekündigt

Vertreter aus 50 regionalen, bayerischen Sonntagsallianzen diskutierten bei ihrem gestrigen Treffen im Nürnberger Gewerkschaftshaus die aktuellen, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkten Veränderungen beim Sonn- und Feiertagsschutz. „Wir hören von fast allen Parteien immer wieder, dass die Sonn- und Feiertage in Bayern heilig sind“, sagte Erwin Helmer von der katholischen Betriebsseelsorge, „doch faktisch kommen dauernd neue Aufweichungen des Sonntagsschutzes auf die politische Tagesordnung“.

Die aktuellen Verschlechterungen im Einzelnen:

Bayerische Spielbanken öffnen an wichtigen Feiertagen:
Durch eine Änderung der Spielbankordnung hat das Bayerische Innenministerium am 16. April 2013 verfügt, dass die neun staatlichen Kasinos in diesem Jahr erstmals auch am 1. Mai, an Fronleichnam und am ersten Weihnachtsfeiertag öffnen sollen. Empört sind die fast 600 Spielbank-Beschäftigten insbesondere über die Öffnung am ersten Weihnachtstag, die ihnen und ihren Familien das Fest verdirbt. Der Staat geht hier als Arbeitgeber beim Feiertagsschutz mit schlechtem Beispiel voran.

Stille Tage werden lauter:
Der besondere Schutz der stillen Feiertage wird um zwei Stunden verkürzt. Das so genannte Tanzverbot soll am Aschermittwoch, an Gründonnerstag, an Allerheiligen, am Volkstrauertag, am Totensonntag und am Buß- und Bettag erst um 2 Uhr statt um 0 Uhr beginnen. Trotz des Widerstands in Teilen der Oppositions- und Regierungsparteien haben verschiedene Landtagsausschüsse der Änderung des Feiertagsgesetzes in den vergangenen Wochen zugestimmt.

Verkaufsoffene Sonntage dehnen sich aus:
Die Bayerische Arbeitsministerin Christine Haderthauer teilte in einem Schreiben an die Regierungspräsidenten vom 21. März 2013 mit, dass die verkaufsoffenen Sonntage neu gezählt werden. Pro Kommune sieht das Ladenschlussgesetz jährlich maximal vier verkaufsoffene Sonntage vor. Mehrere parallel stattfindende Sonntagsöffnungen in verschiedenen Ortsteilen sollen nun aber nur noch als ein verkaufsoffener Sonntag gewertet werden. Kleine Neuregelung – große Wirkung. Die neue Zählweise lädt Städte und Gemeinden geradezu ein, Möbelhäuser, Baumärkte und andere Geschäfte in außerhalb liegenden Gewerbegebieten in die Sonntagsöffnung einzubeziehen.

Die Allianz für den freien Sonntag sieht in der Summe der Neuregelungen eine Abkehr vom Versprechen der Bayerischen Staatsregierung, die arbeitsfreien Sonn- und Feiertage konsequent zu schützen. „Von einem konsequenten Sonntagsschutz ist in Bayern keine Spur“, urteilte der bayerische ver.di-Fachbereichsleiter für den Handel, Hubert Thiermeyer.

Zur Landtagswahl im September plant die Initiative deshalb regional und bayernweit Aktionen, u.a. einen Sonntagskontrakt mit den Landtagskandidaten. „Wir wollen wissen, ob die Kandidatinnen und Kandidaten, egal aus welcher Partei, es ernst meinen mit dem Sonntagsschutz, oder nicht“, so Philip Büttner vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der evangelischen Landeskirche.